Trauma und das Nervensystem
Das autonome Nervensystem | Fight, Flight, Freeze
Richard Geier
10/1/2025
Das autonome Nervensystem (ANS)
.. reguliert alle Grundfunktionen unseres Körpers, einschließlich der inneren Organe. Das ANS handelt automatisch ohne unsere Kontrolle.
Das ANS hat zwei Zweige: Das Parasympathische und das Sympathische Nervensystem.
Quellen & weiterführende Literatur
Bear, Connors & Paradiso (2006): Neuroscience: Exploring the Brain
Levine, P. A. (1997). Waking the Tiger: Healing Trauma. North Atlantic Books.
Levine, P. A. (2010). In an Unspoken Voice: How the Body Releases Trauma and Restores Goodness. North Atlantic Books.
van der Kolk, B. (2014). The Body Keeps the Score: Brain, Mind, and Body in the Healing of Trauma. Viking.
Somatic Experiencing® International: https://traumahealing.org
WHO – ICD-11 Trauma-Definition: https://icd.who.int
National Institute of Mental Health (NIMH) – PTSD: https://www.nimh.nih.gov/health/topics/post-traumatic-stress-disorder-ptsd
Abb.1 (für volle Auflösung klicken)


Im gesunden Wechsel sorgen also beide Systeme für Balance: Aktivität, wenn sie gebraucht wird – und Ruhe, wenn die Aktivität vorbei ist.
Fight, Flight, Freeze
Wenn wir etwas Bedrohliches erleben, schaltet das Nervensystem automatisch in einen Überlebensmodus, es aktiviert sich also zunächst das SNS:
Fight (Kampf): Muskeln spannen sich an, Energie wird mobilisiert, wir wollen uns wehren. (SNS)
Flight (Flucht): Herzschlag beschleunigt, Atmung wird schneller, der Körper bereitet sich auf Weglaufen vor. (SNS)
Freeze (Erstarren): Wenn Kampf oder Flucht nicht möglich sind, friert der Körper ein. Wir fühlen uns gelähmt, taub oder wie „abgeschaltet“. Die Aktivierung wird so extrem (Kampf oder Flucht sind aussichtslos), dass das PNS aktiviert wird.
Diese Reaktionen sind vollkommen natürlich und sinnvoll – sie haben uns über Jahrtausende das Überleben gesichert. Was dabei aber im Einzelnen als bedrohlich wahrgenommen wird, ist sehr individuell und hängt mit unseren Erfahrungen und Prägungen zusammen.
Auswirkung von Trauma auf das autonome Nervensystem
Normalerweise beruhigt sich das Nervensystem wieder, wenn die Gefahr vorbei ist. (die parasympathische Aktivität steigt, während die sympathische Aktivität abnimmt).
Nach überwältigenden Erlebnissen (Trauma) kann der Körper aber unter bestimmten Voraussetzungen in diesem Alarmzustand stecken bleiben.
Die Grafik zur Erregungskurve des Nervensystems (siehe Abb.1) zeigt diesen Mechanismus: Statt zwischen Aktivierung und Entspannung flexibel zu wechseln, bleibt das System in der Übererregung oder Untererregung, also im gelben bzw. roten Bereich.
Das kann zu unterschiedlichen Symptomen führen, die aber alle direkt oder indirekt mit dem ANS verbunden sind. Eine Liste möglicher Symptome findest du hier: Traumasymptome
Falls du differenzierter zu Traumasymptomen lesen möchtest, findest du Ausführungen dazu in meinem Blog-Artikel: Was ist ein Trauma?
Das parasysmpathische Nervensystem (PNS)
Unterstützt das Ausruhen
Hilft uns nach einer Bedrohung oder stressvollem Ereignis zu entspannen, orientieren und regenerieren:
Senkt die Muskelspannung
Senkt Puls und Blutdruck
Erwärmt die Haut
Aktiviert die Verdauung
Verlangsamt und vertieft die Atmung
Versorgt die peripheren Adern
Aktiviert das Immunsystem
Sonder Körperflüssigkeitenab
Ist das sympathische System sehr stark aktiviert, kann das parasympathische System als "Notbremse" fungieren und legt das sympathische System still (siehe unten: "Freeze").
Vereinfacht gesagt kann das PNS als Bremspedal des ANS bezeichnet werden. Es hilft beim Entspannen und Abbauen von sympathischer Aktivierung.
Das sympathische Nervensystem (SNS)
Versetzt in Handlungsbereitschaft
Reguliert den Erregungszustand und erhöht die Aktivität in Zeit von Erregung und Stress.
Das SNS ist aktiv, wenn wir wachsam, aufgeregt oder in körperlicher Aktion sind. Es bereitet uns vor, bei Bedrohungen reagieren zu können:
Erhöht Herzschlag, Atmung, Blutdruck
Leitet Blut vom Verdauungssystem zu den Muskeln
Verengt die Blutgefäße der Peripherie -
Erweitert die Pupillen, hält die Augenlider offen
Ein Trauma kann eine chronische Übererregung des SNS verursachen, wodurch unser Körper reagiert als sei die Bedrohung allgegenwärtig.
Vereinfacht gesagt ist das SNS das„Gaspedal“ des ANS. Es stellt Energie für jede geplante Handlung bereit oder hilft uns, uns auf Bedrohungen vorzubereiten.

